Sonntag, 1. November 2015

Filmkritik: James Bond – Final Frontex




Euro-Bond (Abbildung ähnlich)
Lange haben die Fans auf den neuen James Bond gewartet, der in dieser Woche Weltpremiere feierte. Das Warten hat sich gelohnt, es werden wieder einige Überraschungen bereit gehalten – die vielleicht nicht jedem Bond-Fan gefallen dürften.


Handlung
James Bond erhält den Auftrag, Informationen über die Organisation „Frontex“ zu sammeln. Informanten haben den Verdacht aufkommen lassen, dass Frontex für Tod und Verschwinden zahlreicher Menschen verantwortlich sei. Besonders Aktivitäten im Mittelmeerraum würden häufig mit Frontex in Verbindung gebracht.
Seine Recherchen führen Bond zunächst auf die Mittelmeerinseln Lesbos und Lampedusa. Wer nun erwartet, dass der smarte Geheimagent sich hier wie gewohnt von Badenixen in knappen Bikinis um den Finger wickeln lässt, dürfte enttäuscht werden. Die Zustände, die er dort vorfindet, lassen selbst den vor Testosteron strotzenden Supermacho nicht an körperliche Liebe Denken.
Bond findet heraus, dass Frontex-Konzernzentrale in Warschau sitzt und gelangt von dort nach Brüssel. Es stellt sich heraus, dass hinter Frontex ein Konsortium vieler Europäischer Staaten steckt – die Verwicklungen gehen bis in höchste Regierungskreise. Der Agent gerät in den Besitz zahlreicher Dokumente, die das Motiv für Frontex offenbaren: Konzerne und ganze Industriezweige mit Sitz in den betreffenden Ländern schlagen durch Waffenexporte und Zweigstellen in Entwicklungsländern Profit. Dabei nehmen sie Kriege in instabilen Regionen und Ausbeutung der dortigen Bevölkerung und Umwelt in Kauf. Frontex soll die daraus entstehenden Flüchtlingswellen von den Industrieländern fern halten.

Kritik
Final Frontex bringt einige Neuerungen im Bond-Kosmos. Hatte man in den bisherigen Streifen immer den einen Super-Bösewicht, trifft Bond in seinem neuen Abenteuer auf ein großes Netzwerk an Tätern und Drahtziehen, die jedoch alle kaum greifbar bleiben. Immerhin – auch hier finden sich traditionell Deutsche unter den Schurken.
Ebenso ungewohnt dürfte das offene Ende sein. Der Plot verzichtet auf ein furioses Ende mit Schießereien und Explosionen – mangels Erzschurkens, den man so zur Strecke bringen könnte. Bond quittiert seinen Dienst und strebt mit einer Reihe von Nebenklägern ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof an. Schnell merkt Bond jedoch, wie ungefährlich seine neuen Waffen im Vergleich zu seiner Kanone sind – das Verfahren scheitert noch vor dem Beginn. Ob tatsächlich zum ersten Mal ein Bond-Auftrag ungelöst bleibt, möchten wir noch nicht verraten. Dem Publikum empfehlen wir aber, sich mit dem Gedanken auseinander zu setzen.


Ungewöhnliches "Bond-Girl" - Politik statt Erotik



Darsteller
Daniel Craig als James Bond bestätigt seine Leistungen aus den vorangegangenen Filmen. Die Wandlung vom taffen, knallharten, unerschütterlichen Supermacho zum verzweifelten Menschenrechtler, die Erfahrung der absoluten Hilflosigkeit sind fantastisch inszeniert.
Die übrigen Darsteller enttäuschen zu großen Teilen. Nahezu jeder der vermeintlichen Drahtzieher wirkt vor der Kamera höchst unglaubwürdig. Die Charaktere sind natürlich aus so angelegt, dass Widersprüche und logische Fehler inhärent sind – insofern wirkt die schmierenkomödiantische Darstellung gleichzeitig sehr passend. Ob es sich an dieser Stelle um unzureichendes Casting oder eine Meisterleistung des Regisseurs handelt, kann nicht final geklärt werden.

Bewertung
"James Bond - Final Frontex" ist ein ungewöhnlicher Bond, der mit vielen Traditionen der Agentenreihe bricht. Er wird das Publikum häufig unbefriedigt zurück lassen. Damit setzt er ganz neue Akzente für das gesamte Genre. Die politischen Hintergründe sind komplex und verflochten, vielleicht zu viel für viele Zuschauer. Zudem sind einige grausame Szenen aus den Flüchtlingslagern dabei, die nichts für empfindsame Gemüter sind. Wenn Sie das nicht abschreckt: unbedingt sehen!

Text: adg

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